Geschichte
GWG Wohnungsgenossenschaft Fulda eG
Am 22. Oktober 1899 fand in der damals sehr populären Fuldaer Gaststätte „Harmonie” die konstituierende Sitzung der Genossenschaft „Bauverein für den Kreis Fulda” statt. Einhundert Jahre ist das her – ein angemessener Anlaß für eine würdigende Rückschau. Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hatten Genossenschaften Hochkonjunktur, und dafür gab es soziale Gründe. Viele dieser Genossenschaften waren Zusammenschlüsse von Handwerkern, also von wirtschaftlich eher schwachen Mitgliedern der damaligen Gesellschaft. Getreu dem Motto „Gemeinsam sind wir stark” tat man sich zusammen, um wirtschaftliche Ziele anzugehen. Die Gründung einer Genossenschaft gab diesen Zweckgemeinschaften eine sichere Rechtsform, und dies war sozialpolitisch gesehen ohne Zweifel ein Fortschritt.
Die Idee, nach dem Muster der Handwerksgenossenschaften auch Vereine zur Bereitstellung von Wohnungen zu gründen, lag nahe, war zunächst jedoch mit einem hohen Risiko verbunden. Ursprünglich hätte nämlich jedes Genossenschaftsmitglied im Notfall in voller Höhe seines Vermögens haften müssen. Wer ohnehin über wenig Geld verfügte, war dazu natürlich in der Regel nicht bereit. Den Durchbruch brachte erst die Neufassung des Genossenschaftsgesetzes vom 1. Mai 1889. Danach konnten Genossenschaften gegründet werden, in denen die Mitglieder nun nur noch in Höhe Ihrer Einlage haftbar waren. Ein kleiner, doch in seiner Auswirkung bedeutender Unterschied!
Überall in Deutschland entstanden in den Folgejahren Baugenossenschaften, vor allem in Städten, in denen sich Industrie, Eisenbahn und Postwesen entwickelt hatten und es eine größere Zahl von Arbeitern und „niederen Beamten” gab. Für diese Bevölkerungsschichten waren die Genossenschaften in hohem Maße attraktiv. Schließlich verfolgten sie das Ziel, über eine Verbesserung der Wohnverhältnisse die Lebensqualität der Arbeiter insgesamt zu erhöhen und wollten erklärtermaßen die „nicht nur für die unteren, sondern auch für die mittleren Klassen drückende Wohnungsnot bekämpfen”. Erreicht wurde dieser hohe Anspruch durch eine Reihe von Selbstverpflichtungen, wie etwa eine geringe oder gar keine Dividende auf die Einlagen der Mitglieder und strikte Ehrenamtlichkeit im Vorstand und Aufsichtsrat. Gleichzeitig verzichteten die Baugenossenschaften damals auf finanzielle Unterstützung durch die öffentliche Hand.
Das also war der historische Rahmen für die Gründung des damaligen „Bauvereins für den Kreis Fulda, eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftpflicht”, der jetzt als „Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft e.G.” sein 100. Jubiläum feiern darf. Es waren außergewöhnlich bewegte hundert Jahre mit zwei Weltkriegen und zwei Währungsreformen. Die Fuldaer Wohnungsgenossenschaft hat diese Wirren, Notzeiten, Umbrüche und Zerstörungen nicht nur überdauert, sondern konnte sich allen Unbilden zum Trotz kontinuierlich weiterentwickeln. Heute zählt die GWG 590 Mitglieder und verwaltet die Genossenschaft 535 Wohnungen in 87 Häusern, 77 Garagen und 288 Stellplätze für PKW sowie die Räumlichkeiten von drei Gewerbebetrieben. Eine beachtliche Bilanz.
Unverändert geblieben ist in all den Jahrzehnten des Wandels nur eines: die selbstgewählte Aufgabe der Genossenschaft, ihren Mitgliedern kostengünstig ansprechenden Wohnraum zu verschaffen. Die unverändert große Nachfrage nach den Wohnungen der GWG zeigt, daß dieser Leistung zeitlose Bedeutung zukommt. Damit hat die Grundidee der Baugenossenschaft ein volles Jahrhundert überlebt, ohne sich selbst zu überleben. Und sie wird auch im neuen Jahrtausend ihren gesellschaftlichen Stellenwert behalten. Das ist für die Gemeinnützige Wohnungsgenossenschaft e.G. gleichermaßen Anlaß zur Freude und Ansporn für die Zukunft.